Bei der Entgegennahme des Preises sagte Frau Elke Löwe,
Beigeordnete der Stadt Senftenberg:

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

für einen Preis bedankt man sich eigentlich.
Das fällt mir hier zugegebenermaßen etwas schwer.
Ein Betonkopf, ein Negativpreis also!

Ein Preis der öffentlich Kritik übt an konkretem Handeln, der zum Nachdenken anregen soll, der mehr Sensibilität im Umgang mit Menschen mit Behinderungen anmahnt. Insofern ist, glaube ich besser zu sagen „Ich nehme ihn an, den Preis, besser sie, die Kritik“.

Ich nehme sie an für die Stadt Senftenberg und für den Mitauslober des Wettbewerbes für eine Landmarke im Seenland, die IBA „Fürst-Pückler-Land“, aber auch ein bisschen für den Landkreis OSL als Genehmigungsbehörde
und für das Land Brandenburg als Fördermittelgeber.

Ja, wir waren im Jahr 2005 bei der Auslobung des Wettbewerbes nicht genügend sensibilisiert zu diesem Thema. Wir haben Entwürfe zugelassen, die Menschen mit Behinderungen ausschließen. Das war nicht in Ordnung.

Gestatten Sie mir dennoch, zu zwei Sachverhalten kurz etwas zu sagen:

1. Zum Bauwerk selbst, zu unserer Landmarke im entstehenden Seenland:
wir sind trotzdem stolz auf sie und bitte verstehen Sie das nicht falsch: diese begehbare und weithin sichtbare Skulptur zeugt vom Aufbruch in eine neue
Ära für unsere Region. Das Material, welches diese Landschaft umpflügt und unwiederbringlich verändert hat, kehrt wieder in neuer ästhetischer Qualität zurück. Wir haben lange für sie gekämpft und eigentlich war sie vor ihrer Geburt schon 2x gestorben. Und nun wird sie angenommen, von unseren Bürgern, von unseren Gästen. Ja sie haben Recht, Menschen mit Behinderungen hinsichtlich des nicht erlebbaren Rundblickes auszuschließen ist nicht fair.

2. Das wir hier einen Betonkopf zwar für ein konkretes Bauwerk, aber eben auch als Stadt bekommen, schmerzt insofern besonders, weil wir wirklich in den letzten Jahren viel auf den Weg in eine barrierefreie Stadt getan haben.

Seit 2006 haben wir einen Behindertenbeirat, der bei Baumaßnahmen Mitspracherecht hat.

So bauen wir zur Zeit unseren Festungszugang rollstuhlgerecht aus.

So erfolgt in Kürze der Spatenstich für einen neuen Tierparkzugang,
welcher dann auch barrierefrei sein wird.

Dieser Tierpark wird übrings seit dem vorigen Jahr durch die Integrationswerkstätten, deren Mitgesellschafter wir sind, betrieben. Ca. 300 Menschen mit Behinderungen und werden in den Werkstätten betreut.

Es ist eine Freude zu sehen, wie im Tierpark, insbesondere Menschen mit geistigen Behinderungen über sich hinauswachsen und wie Bürger und Gäste damit umgehen.

Die Bahnhofstraße, eine der Haupterschließungsstraßen wird gerade ausgebaut und erhält ein Blindenleitsystem.

Die Stadtverordneten haben gerade Mittel freigegeben für ein Stadtmodell, welches für Blinde lesbar sein soll.

Momentan wir eine Variante geprüft, in wieweit das Wassersporttouristische Zentrum qualifiziert werden könnte, für Sportfreunde mit Behinderungen, die sich jetzt schon dort sehr wohl fühlen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

als die Nominierung der Stadt Senftenberg bekannt wurde, hat man mich gefragt, wo wir denn den Betonkopf platzieren werden, so wir ihn denn erhalten. Nachdem ich ihn nun in den Händen halte, kann ich Ihnen versichern: Wir werden ihn nicht in einem Schrank verstecken. Wir werden ihn so platzieren, dass er uns bei den weiteren Baumaßnahmen mahnt, bei den Planungen auch die Belange behinderter Mitmenschen zu beachten. Also, im Prinzip unsere gute Arbeit fortzusetzen: Damit die Landmarke das einzige schlechte Beispiel bleibt, was sie bei Ihrem nächsten Besuch in Senftenberg finden. Zu diesem Besuch lade ich Sie hiermit herzlich ein.

 

 

Aus Anlass der diesjährigen Betonkopfverleihung erreichte uns folgende
Erklärung der Europaabgeordneten Elisabeth Schroedter, Die Grünen:

Potsdam, den 5. Mai 2009

Zur heutigen Verleihung des Betonkopfes durch den Allgemeinen Behindertenverband Land Brandenburg (ABB) anlässlich des EuropäischenAktionstages für die Gleichstellung und Teilhabe und
gegen die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen sagt
die Europaabgeordnete Elisabeth Schroedter:

„Ich begrüße das Engagement des Allgemeinen Behindertenverbandes, der
sich seit Jahren für die Belange und die Verbesserung der gesellschaftlichen
Teilhabe von Menschen mit Behinderung im Land Brandenburg einsetzt.
Gerade die alljährliche Verleihung des Negativpreises Betonkopf
für besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber Menschen mit Behinderungen
macht immer wieder auf die tägliche Diskriminierung, der
sie ausgesetzt sind, aufmerksam. Der diesjährige Preisträger, die Projektbeteiligten am Bau der „Landmarke Lausitzer Seenland“, wurde aus
Bundesmitteln finanziert. Wäre der Bau durch EU-Mittel finanziert worden,
hätte der Bauherr, die Stadt Senftenberg, bei einer derartigen Missachtung
der Barrierefreiheit die Fördermittel zurückzahlen müssen. Wir Grüne haben
vor drei Jahren dafür gesorgt, dass die Barrierefreiheit in
die EU-Verordnung aufgenommen wurde. Obwohl die UN-Konvention
in der Bundesrepublik seit dem 1. Januar anzuwenden wäre, hat sie sich
bis heute nicht zu einem Sanktionsmittel in Fällen wie diesem durchgerungen. Trotzdem hätte der Turm so nicht gebaut werden dürfen, denn auch die
Brandenburger Bauordnung verlangt Barrierefreiheiten bei Neubauten (§ 45).

Es ist ein Skandal, dass die Landesbehörden ihre Kontrollverantwortung
zum Nachteil von Menschen mit Behinderungen hier so vernachlässigen.

Der Betonkopf ist ein wichtiges Sanktionsmittel der kritischen Öffentlichkeit.
Dieser Fall muss aber auch Sanktionen innerhalb der nachlässigen
Verwaltung nach sich ziehen.“

________________________
BürgerInnenbüro Elisabeth Schroedter, MdEP
Lisa Franz, wissenschaftliche Mitarbeiterin

www.betonkopf-brandenburg.de

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