Kopfsteinpflaster
Brandenburgischer Betonkopf 2008
Breitfugige Naturstein-Großpflaster-Befestigungen (Kopfsteinpflaster)
[Diese, etwas sperrige Bezeichnung, beinhaltet an sich die gesamte Bandbreite unserer Bemängelungen: Breite oder große Fugen, normale Natursteinpflastersteine, großformatig, also über 18 cm etwa (Länge, Breite Höhe), gebrochen, und damit einer gewissen Unregelmäßigkeit unterworfen!]
Ausgewählt zur Auszeichnung wurde die Thematik "Pflaster", speziell bezogen auf Natursteinpflaster mit großformatigen und/oder unregelmäßig geformten Steinen.
Großformatige Steine sollten in den Abmessungen von ca. 18 cm x 18 cm liegen, jedoch sind auch Abmessungen in den Bereichen zwischen 10 cm und 260 cm möglich.
Mitbürger, die im allgemeinen "sitzend durchs Leben gehen", müssen naturgemäß sehr sorgfältig und möglichst weit vorausschauend ihre Bewegungsebenen, Wege, Straßenabschnitte, Plätze, Zugangsbereiche, auswählen und, soweit möglich, auf "Nutzbarkeit" prüfen.
Diese "Vorausschau" bezieht sich aber nicht nur auf Rollstuhlfahrer, diese Überlegungen müssen auch alle anderen anstellen: Mütter/Väter mit Kinderwagen, Skater, auch Radfahrer können und sollten, sofern sie nicht übungsgeländegeprüfte Biker sind, diese Aufmerksamkeiten aufbringen.
Senioren, die ggf. mit diversen Hilfsmitteln noch ein gewisses Maß an Mobilität bewahren konnten oder wieder erhalten können (Rollatoren, Gehstützen, u.dgl).
Und, nicht zu vergessen, auch viele Frauen beschweren sich, mit Blick auf ihre Schuhkostbarkeiten, über "katastrophale Gehwege“.
Für all diese Menschen ist es zwingend notwendig, Bewegungsebenen zu schaffen, die leicht, sicher, problemlos zu nutzen sind.
Nach unseren Beobachtungen und Erkenntnissen wird jedoch aus unterschiedlichsten Gründen diesem "Grundbedürfnis" immer wieder wenig Beachtung geschenkt.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Verkehrsflächen für den Fußgänger in ihren Oberflächen- Ausbildungen mehr dem Testparcours einer Geländewagen-Versuchsanstalt entsprechen denn einer Fußgänger-Zone.
Nun ist jedoch in Deutschland, wie so vieles, in Regeln vorgegeben, nach denen man auch die hier angesprochenen Ebenen korrekt ausführen könnte.
Die "Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Pflasterdecken und Plattenbelägen", einfacher und abgekürzt mit ZTV P-Stb 2000 benannt und die "Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für die Bauleistungen (ATV) - Verkehrswegebauarbeiten, Pflasterdecken, Plattenbeläge, Einfassungen - DIN 18318",
auch hier in Kurzform: ATV DIN 18318 genannt, geben für die Ausführung von Naturstein-Pflasterdecken Qualitätsparameter vor: Unebenheiten unter einer 4 m langen Latte (Richtscheit) an keiner Stelle mehr als 20 mm (!), Fugenbreiten bei Naturstein-Großpflaster maximal 15 mm (!).
Mit dieser Auszeichnung möchten wir zu einem Denkanstoß bei Denkmalschutzbehörden, Sanierungsträgern, Straßenbauplanern und allen Befürwortern von historisch motiviertem Unsinn anregen und bei künftigen Bauvorhaben alle Beteiligten zur Vernunft aufrufen.
Wir haben, nun auch aus Erfahrungen, Beobachtungen, festgestellt, dass uns eine große Menge von "Ärgernissen" im Sinne unseres Anliegens (Finger auf Wunden zu legen) das Leben schwer machen:
So ist festzustellen, dass nicht nur in größeren oder Großstädten, die über historisch wertvolle und bemerkenswerte Bereiche verfügen, Natursteinpflaster zur Befestigung von unterschiedlichsten Flächen versetzt wird.
• Bekannt sind die zum Teil beklagenswerten Pflastersituationen in Potsdam. Für ganz frische Diskussionen haben die aktuellen Bauvorhaben des Stadtkontor in Babelsberg gesorgt. Auf Grund des massiven Bürgerprotestes wird dort für die Fahrbahnbefestigung statt der vorgeschlagenen Mischbauweise aus Pflaster und Asphalt nun auf Wunsch der Anwohner die ungebundene Großpflasterbauweise in der Jahn-, Siemens- und Wattstraße realisiert. Der Baubeginn steht unmittelbar bevor. Das letzte Vorhaben mit Großpflaster in der Innenstadt war die Jägerstraße in Verbindung mit der Karstadteröffnung. Die Wichgrafstraße in Babelsberg wurde ebenfalls letztes Jahr in Pflasterbauweise wiederhergestellt).
• In FERCH wird mit beträchtlichem Aufwand das älteste Haus der Gemeinde, das KOSSÄTENHAUS, restauriert - und es wird in Zukunft als Museum genutzt werden können. Im Zuge dieser Sanierungsarbeiten, unter Beachtung der denkmalpflegerischen Aspekte, muss auch das Umfeld, die Zugängigkeit, neu gestaltet werden. Nach unseren Erkenntnissen (Ausschreibungsveröffentlichung vom 21.4.2008, ID.: 3251082) sollen ca. 300 m² Granitpflaster verlegt werden. Da es sich um ein denkmalgeschütztes Haus handelt, liegt die Vermutung nahe, dass eine Oberfläche entsteht, die nicht den mobilitätsbehinderten Besuchern genehm ist. Diese Befürchtung begründet sich gleichermaßen aus dem Wissen, dass in der Ortslage FERCH umfangreich Naturstein-Großpflaster in Verkehrsflächen verlegt wurden.
• Bei der Rekonstruktion der Dorfstraße in SEEBURG (Nähe Spandau bzw. Falkensee) sind geschickterweise das Altpflaster der Dorfstraße mit verwendet worden. Hier hat der Planer die eigentliche Verkehrsfläche in Asphalt vorgeschrieben, die notwendigen Parkbuchten bzw. -Taschen jedoch mit dem herkömmlichen Naturstein-Großpflaster befestigen lassen. Der straßenbegleitende Randstreifen, eine konstruktiv notwendige Maßnahme, wurde mit "Lesesteinen", im Volksmund auch "Bullen-Eier" genannt, ausgeführt. Sowohl die Parkplatzflächen, die Stellplätze für PKW's, als auch die Querungen der Randstreifen sind für einen Rollstuhlfahrer (und den oben benannten Mitbürgern) nur erschwerend möglich.
• Im Zuge der Straßenbaumaßnahme in GERSDORF (16259 Falkenberg) werden nach den Ausschreibungsunterlagen vom 21.4.2008 (I.D.: 3251320) Pflasterarbeiten von ca. 550 m² in "Feldsteinpflaster" gefordert. Bei dieser Baumaßnahme ist gleichfalls zu befürchten, dass dieses .Feldsteinpflaster, ein unregelmäßig geformter, dem Lesepflaster ähnlicher Stein, in Flächen versetzt wird, die von Fußgänger gequert werden müssen.
Somit ist der an sich neutrale und nicht "behindertenfeindlich" eingestellte Baustoff Naturstein in seiner Ausformung "Pflasterstein" durch seine Verwendung und Anwendungsbereiche nach wie vor ein Ärgernis. Die Wirkungsweise des Systems "Pflaster" in der hier dargestellten Ausführung bringt zum Teil beträchtliche Beeinträchtigungen für mobilitätsbehinderte Mitbürger. Stellvertretend für u.a. Investoren, Planer, Denkmalpfleger wird dem "Breitfugigen Naturstein-Großpflaster" (Kopfsteinpflaster) unser BETONKOPF 2008 verliehen.
www.betonkopf-brandenburg.de
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